Als ich 30 wurde, habe ich mich nicht gut gefühlt. Im Gegenteil: Ich fühlte mich irgendwie… falsch.
Kein Kind.
Kein Haus.
Keine Karriere mit Titel, Visitenkarte oder dicken Gehaltsschecks.
Stattdessen:
Eine 1-Zimmer-Wohnung im 8. Stock über einer Schnellstraße in Hamburg.
Und ein Volontariat – also so ziemlich das Gegenteil von dem, was man unter „angekommen“ versteht.
Das Verrückte? Ich mochte mein Leben eigentlich. Der Job hat Spaß gemacht. Hamburg war super. Und trotzdem war da dieses leise Gefühl im Hintergrund, das flüsterte: „Solltest du nicht schon weiter sein?“
Was „man“ mit 30 so haben sollte.
Wir alle kennen dieses Bild:
Mit 30 hast du dein Leben im Griff.
Ein sicherer Job. Eine Eigentumswohnung. Eine kleine Familie.
Vielleicht sogar ein SUV.
Und selbst wenn du diese Dinge gar nicht willst – der Druck ist trotzdem da.
Weil alle irgendwie in Bewegung sind. Weil auf Instagram jemand gerade ein Haus gekauft hat. Oder sich selbstständig gemacht hat. Oder Zwillinge bekommen hat.
Und du sitzt da, mit einem Tee in der Hand, auf deinem alten IKEA-Sofa, und fragst dich: „Bin ich zu spät dran?“
Ich wollte nie das, was „man“ eben so will.
Karriereleiter? Büro? Fester Wohnsitz mit Gartenzaun?
Klang für mich nie nach einem Ziel. Eher nach einer Falle.
Ein Haus fühlte sich für mich nicht nach Sicherheit an – sondern nach Stillstand.
Ein Kind war für mich kein Lebensziel – sondern eher etwas, das ich vielleicht irgendwann mal wollen würde.
Und eine klassische Karriere? Die hat mich einfach nicht gereizt.
Und trotzdem:
Ich hatte das Gefühl, nicht zu genügen.
Was hat mir geholfen?
Ich habe diese Gefühle nicht weggedrückt – ich habe sie mir angeschaut. Mich gefragt:
- Woher kommt dieses Gefühl?
Will ich das wirklich – oder denke ich nur, dass ich es sollte?
Ich habe angefangen, meine eigenen Ziele aufzuschreiben.
Mir ein Visionboard gebastelt.
Und mich gefragt:
Was bedeutet ein erfülltes Leben eigentlich für mich?
Und siehe da: Auf meinem Visionboard stand kein Haus. Kein Kind. Keine Managementposition.
Dafür: Freiheit. Kreativität. Natur. Tiefe Gespräche. Bewegung. Sinn.
Was ich gelernt habe?
Wir brauchen keine Checkliste mit 30. Wir brauchen Ehrlichkeit uns selbst gegenüber. Und den Mut, unseren eigenen Weg zu gehen – auch wenn er nicht so aussieht wie der der anderen.
P.S.: Es ist okay, wenn deine Antwort auf all diese gesellschaftlichen Erwartungen ganz einfach „Nein“ lautet.